„Ausländer Raus!“ in Schwarz-Grün

Ein Reisebüro für Abschiebungen – Ausbürgerungen – Schnellverfahren – zeitlich unbegrenzte Abschiebehaft – Lager an den EU-Außengrenzen - Abschiebungen in Krieg und Terrorherrschaft

Schwarz-Grün – das steht angesichts des völlig entgleisten Migrationsdiskurses durch Akteure wie Markus Söder oder Friedrich Merz für Vernunft, Mäßigung und eine Politik der Mitte, die den Namen noch verdient. Wer das gehofft hat, wird den Entschließungsantrag der schwarz-grünen Länder Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg mit Entsetzen lesen. Er hat den Namen: „Ordnung, Steuerung, Begrenzung und Humanität in der Migrationspolitik sicherstellen“.

Wer in diesem Dokument allerdings danach sucht, wird nicht eine einzige Regelung finden, die human ist. Es jagen sich stattdessen Formulierungen wie: „Vollzug von Abschiebungen“, „Rücknahme von Geflüchteten“ oder „Schnittstellenprobleme“ bei „Rückführungen“. Die Problemstellung ist, „dass zu viele Menschen nach Deutschland kommen, die nicht schutzbedürftig sind“. Gefordert wird eine „Konzentration“ auf „tatsächlich Schutzbedürftige“.

Die gesichert rechtsextreme AfD warb in Thüringen mit einem Urlaubsflieger und dem Slogan „Sommer – Sonne – Remigration“. Schwarz-grün will den Flieger jetzt bestellen und ein Abschiebereisebüro einrichten: Airlines sollen gesetzlich verpflichtet werden, „mehr Passagiere pro Flug für Rücküberstellungen “ mitzunehmen. Außerdem wird die „Organisation, Finanzierung und Durchführung regelmäßiger Charterflüge“ gefordert. Es soll eine „zentrale Stelle“ und ein bundesweites „Vertragsreisebüro“ die „bundesweit stornierten Fluggastplätze für weitere Überstellungsmaßnahmen“ erfassen und für Abschiebungen buchen.

Das Wort „humanitär“ taucht nur in einem Kontext auf: Bei der Durchführung von Asylverfahren in Lagern an den EU-Außengrenzen. Schwarz-grün fordert diese Lager, in die auch Kinder bis zu eineinhalb Jahre eingesperrt werden sollen, schnellstmöglich in Betrieb zu nehmen.

Zu einem Ausweisungsinteresse, das „besonders schwer“ ist, sollen jetzt auch Jugendstrafen von unter einem Jahr führen, z.B. wegen Straftaten gegen das Eigentum oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt*innen. Hier werden Jugendliche, die mehrfach Kaufhausdiebstähle begangen haben oder wegen racial profiling bei der Polizeikontrolle ausgerastet sind, mit Terrorist*innen und Vergewaltigern in die gleiche Kategorie eingeordnet.

Die Tatsache, dass das Assad-Regime in Syrien eine Terrorherrschaft ausübt, die sich auf Mord, Verschleppung und Folter stützt, soll nach dem Willen von Schwarz-Grün kein Abschiebehindernis mehr darstellen. Stattdessen wird sich positiv auf ein Urteil von des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen bezogen, das den Bürgerkrieg in Syrien für beendet erklärte. Konkret ging es dabei um eine Abschiebung nach Rojava in Nordost-Syrien. Trotz der wiederholten Bombardements durch die Türkei hielt das OVG die Wahrscheinlichkeit als Zivilist zum Opfer von Kriegshandlungen zu werden für vernachlässigenswert.

Reisen ins Heimatland sollen automatisch zum Verlust der Schutzbedürftigkeit führen, es sei denn, „sittliche Pflichten“ wie Beerdigungen waren der Grund für diese Reise. Ist darunter auch der Versuch zu verstehen, Verwandte aus der Gefahrenzone zu holen? Oder wird das als Schlepperei verfolgt werden, die automatisch zur Aberkennung des Flüchtlingsstatus führt?

Ein Evergreen fehlt auch nicht: Es soll „beschleunigte Verfahren“ geben, wenn die Anerkennungsquote unter 5% liegt. Das ist angesichts der willkürlichen Anerkennungspraxis, die sich an den extrem unterschiedlichen Quoten in unterschiedlichen Bundesländern zeigt, eine Willkürmaßnahme, die sich an die andere anhängt. Sie wird vor allem Menschen ohne ausreichenden Rechtsbeistand treffen.

Schwarz-Grün fordert außerdem eine „Aufhebung der zeitlichen Begrenzung des Ausreisegewahrsams“. In Schleswig-Holstein bedeutet dies die Einknastung im Hochsicherheitsgefängnis von Glückstadt hinter sieben Meter hohen Mauern mit NATO-Draht und mit Käfigen im Innenhof. Hier sollen „Ausreisepflichtige“ nach dem Willen von Schwarz-Grün jetzt also unbefristet eingesperrt werden, wenn dadurch eine Ausreise erreicht werden kann – eine Ausnahme für Familien mit Kindern ist dabei nicht vorgesehen.

Das Recht auf den Schutz sensibler Daten haben Asylsuchende ebenfalls nicht: So sollen ihre Aufenthaltsorte und Identitäten in einer bundesweiten Datenbank erfasst werden, auf die behördenübergreifend zugegriffen werden kann. Dies sei „essentielle Bedingung für die reibungslose Durchführung von Überstellungen und Abschiebungen“. So werden die Listen angelegt, die man für „Abschiebungen im großen Stil“ (Scholz) oder „Millionenfache Abschiebung“ (Wahlparty AfD Brandenburg) benötigt.

Und auch der Schutz von Deutschen vor Abschiebung soll aufgeweicht werden. Einer der wenigen Gründe, die heute zum Verlust der Staatsbürgerschaft führen, ist aktiver bewaffneter Kampf in einer ausländischen terroristischen Vereinigung wie dem IS. Und auch dies ist nur möglich, wenn die Betreffenden dadurch nicht staatenlos werden. Schwarz-Grün möchte bei Eingebürgerten „Falschangaben zum Bekenntnis für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ ergänzen. So sollen beispielsweise eingebürgerte Islamist*innen wieder ausgebürgert werden. Dann können sie abgeschoben werden. Aber wo ist die Grenze zwischen eingebürgerten strenggläubigen Muslim*innen, die sich auf die Religionsfreiheit berufen können, und Islamist*innen, die ausgebürgert und abgeschoben werden sollen? Wie soll festgestellt werden, dass eine verfassungsfeindliche Gesinnung schon bei der Einbürgerung vorlag? Diese Regeln würden muslimische Eingebürgerte auf immer zu „Deutschen auf Widerruf“ machen.

Was bedeutet dieser unglaubliche Katalog für die politische Landschaft in Deutschland? Die politische Mitte ist vor den Rechten endgültig eingeknickt. Die Grünen haben sich aus einer humanitären Flüchtlingspolitik vollständig verabschiedet. Sie sind auch nicht mehr nur Getriebene, sie sind Antreiber: An diesem Papier war auch ein grüner Ministerpräsident beteiligt. Es sind ausdrücklich die schwarz-grünen Landesregierungen, die sich hier mit Menschenfeindlichkeit profilieren. Das sind furchtbare Nachrichten für alle, die Menschenrechte verteidigen wollen.

Die Linke hat jetzt ein Alleinstellungsmerkmal, das sie lieber nicht hätte. Wer mit uns daran glaubt, dass Menschenrechte wirklich die Rechte aller Menschen sind: Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen! Es wird nicht einfach.

Zurück